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Veit Noll: Die Geldablösung von Frondiensten in der Gutsherrschaft von Kurt Heinrich von Einsiedel auf Weißbach-Dittersdorf bei Zschopau 1793 - eine stille Verbürgerlichung im Gefolge der sächsischen Bauernaufstände 1790 zur Zeit der französischen Revolution

 

Im Kursächsischen bei Zschopau und Chemnitz verfügte Kurt Heinrich von Einsiedel (1735-1809) um 1790-1793 über die Gerichts- und damit Gutsherrschaft Weißbach. Hauptsitz und Namensgeber war ursprünglich Weißbach. Zur Zeit von Kurt Heinrich von Einsiedel befand sich der Herrschaftssitz allerdings faktisch in Dittersdorf. Ein Hofmarschall von Einsiedel errichtete dort einige Zeit zuvor, um 1755, ein modernes Herrenhaus und ließ den offiziellen, alten Sitz damit ruhen. 

Zum Rittergut gehörten die Dörfer Weißbach, Dittersdorf, Kemtau, Einsiedel, Erfenschlag und Reichenhain.

Kurt Heinrich von Einsiedel stand um die Zeit von 1790-1793 als Generalfeldwachtmeister der Kavallerie seit langem in höchsten österreichischen Kaiserlichen-Königlichen Diensten, wir finden später auch Titelbezeichnungen als Generalmajor und Kämmerer. Er lebte in seiner Dienststellung am Österreichischen Hof in Wien und konnte und begab sich daher nur selten zu seinem Rittergut.

Die Untertanen seiner Herrschaft hatten sich 1790 dem Sächsischen Bauernaufstand angeschlossen. Im Jahr 1793 erfolgten Regelungen zwischen Gutsherren und Untertanen, die bisher nicht bekannt sind, und neuerlich einer Akte des Amtes Wolkenstein entnommen werden konnten. Bevor wir diesen Eigenfund darstellen, bietet es sich an, die örtlich-gesellschaftlichen Zusammenhänge aus einem einschlägigen Aufsatz von Rudolph Strauß von 1972 zu dem Verhalten der Dorfschaften im Sächsischen Bauernaufstand 1790 wiederzugeben. Das beiderseitige Verhalten 1793 und die Gesamtsituation wird damit plastischer. 

 

Vorspann: Referat aus dem Aufsatz von Rudolph Strauß zu den Ereignissen in der Herrschaft Weißbach-Dittersdorf 1790

Strauß berichtet unter anderem, dass speziell in der Gutsherrschaft Weißbach-Dittersdorf im Jahr 1764 auf 86,5 Hufen 133 Bauernstellen bestanden und 144 Gärtner verzeichnet waren. Gärtner waren solche, die über kleine landwirtschaftliche Flächen zum Eigenverbrauch verfügten, hauptsächlich aber eine gewerbliche oder andere Tätigkeit ausübten.

Den Bauernaufstand in Weißbach-Dittersdorf ordnet er in die Gesamtsituation in Sachsen ein. Die arbeitende ländliche Bevölkerung hatte ohnehin Probleme mit den Jagd- und Hutungsprivilegien (Weiderecht für herrschaftliche Herden) der Grundherren, welche ihre Eigenwirtschaft beeinträchtigten. Ungewöhnliche Witterungsverhältnisse führten 1789 zu einer Missernte. Die Holz- und Getreidepreise stiegen erheblich. Es mangelte an Getreide sowie an Futtermitteln für die Tiere. Die Bevölkerung der Erzgebirgischen Kreise verfügte in der Notsituation weder über ausreichend Geld als Reserve noch über Holz und Brot. Die ohnehin wirtschaftlichen Probleme der Familien spitzten sich damit zu. In dem folgenden Jahr war den Bauern und Eigenlandwirtschaft treibenden an einer Erholung gelegen. Frondienste als Hand- und Spanndienste beim Gutsherren behinderten sie bei ihrer Wirtschaft auf ihrem eigenen Besitz. In Sachsen brachen sich im Juli 1790 Bauernaufstände die Bahn. Aufruhrschriften u. a. des Liebstadter Seilers Christian Benjamin Geißler kursierten. In der Herrschaft Schönburg zogen z. B. etwa 200 Bauern nach Wechselburg und forderten die Umwandlung des Zehnten in eine Geldabgabe. Andere forderten die ersatzlose Abschaffung der Frondienste, z. B. in der Herrschaft Neukirchen.

Gestützt auf eine Akte des Staatsarchivs Dresden, Loc. 30681, schildert Strauß sodann die spezielle Situation innerhalb der Herrschaft Weißbach-Dittersdorf. Der Rittergutspächter Philipp verfügte am 3. August 1790 die Reichenhainer Untertanen zum Pflügen der Brache. Eine Magd übermittelte als Botin die Nachricht an die Betroffenen. Die Fröner erklärten, dass sie nicht erscheinen werden, sie weigerten sich. Ein Richter Eichler berief für den 6. August 1790 eine Versammlung am Lehngericht Reichenhain ein. Eichler war selbst ein Bauer mit einer Wirtschaft in Reichenhain im Wert von 700 Talern, konnte Lesen und Schreiben und verstand es, sich argumentativ auseinanderzusetzen. Seine Stellung als Richter beinhaltet also eine Nebenverpflichtung. Er wurde Wortführer der Bauern und anderen Dienstpflichtigen. Bereits am Tag zuvor versammelten sich in den fünf anderen Dörfern der Gerichtsherrschaft die Untertanen. Die sämtlichen Dorfschaften waren sich dahingehend einig, dass sie die Hand- und Spanndienste verweigerten. Sie hätten kaum bis Weihnachten Brot für sich und Futter für ihr Vieh. Über diese Gemeinschaftsauffassung informierte Eichler den Pächter.

Der Gerichtsdirektor Ritter berief daraufhin für den 7. August 1790 eine Versammlung der Untertanen von Reichenhain ein, um Aufklärung über den "Aufstand" wider die Herrschaft zu erlangen. Die Bauern, Gärtner, Häusler und Hausgenossen waren persönlich geladen. Die Reichenhainer hatten ihrerseits und ungebeten von sich aus die anderen Dörfer der Herrschaft unterrichtet und um deren Erscheinen gebeten. Sie verweigerten dem Gerichtsdirektor den Beginn der Versammlung bis die Vertreter der anderen Ortschaften anwesend waren. Die vom Gerichtsdirektor verlangte jeweilige persönliche Legitimation lehnten sie ab, sie stünden alle für Einen. Sie erklärten, sie stritten sich nicht mit der Gerichtsherrschaft und würden keinen Prozess gegen sie führen. Sie werden allerdings auch keine Hand- und Spanndienste leisten.        

Strauß führt nach der Amtsakte die folgenden Beschwerdepunkte an, die die Untertanen auf Befragen angaben (S. 230):

"1. Infolge Mißwachses aller Feldfrüchte, die zu ihrer und ihres Viehs Erhaltung nötig seien, würden sie in Ermangelung aller Vorräte bald ohne Brot und Viehfutter sein. Wahrscheinlich würden sie Vieh abschlachten müssen. Folglich können sie keine Spanndienste mehr leisten. Sie selbst müßten Brot zu verdienen suchen, könnten also auch keine Handdienste leisten.

2. Der Hofmeister Frosch zu Weißbach habe ihre Dienste und Fronen sehr vermehrt, er bürde ihnen Lasten auf, die ihr mattes Vieh und Gesinde nicht mehr ertragen könnten.

3. Sie sähen nicht ein, daß sie für die vom Rittergut erkauften Bauerngüter Dienste und Fronen verrichten müßten. Dazu seien sie nicht verpflichtet.

4. Sie seien nicht damit einverstanden, daß die Gerichtsherrschaft das Streurechen in den herrschaftlichen Wäldern eingeschränkt, ihnen beim Kauf von Klafterholz das Reisigholz entzogen und die Holzpreise erhöht habe."

Den ersten Punkt fegte der Gerichtsdirektor beiseite, auch die Vorfahren hätten schon Notzeiten überstanden. Zum zweiten Punkt versprach er Aufklärung und Veränderung. Zum dritten Punkt hielt er die seitherige Praxis zu den vor 150 Jahren erkauften Bauerngütern und das Erbregister von 1700 unter Zustimmung der Vorfahren entgegen. Punkt vier hielt er für unerheblich.   

Carl David Eichler entgegnete daraufhin als Wortführer der Bauern nach den Ausführungen von Strauß (S. 231):

"das Erbregister enthalte Unbilligkeiten, die gegen die Menschenrechte verstießen und daher nicht gehalten werden könnten. Es mache die Bauern zu Sklaven. Von seiten der Bauern habe man damals unwissende Leute zugezogen, die nicht einmal schreiben konnten. Eine schriftliche Aufstellung ihrer Klagen, wie sie der Gerichtsdirektor wünsche, sei nach ihren bisherigen Erfahrungen zwecklos, sie wollten sich vielmehr mit ihren Beschwerden unmittelbar an den Kurfürsten wenden." 

Am 9. August versammelten sich Vertreter der Dorfschaften im Lehngericht zu Einsiedel. Der Jurist Weise aus Ernstthal setzte mit ihnen zusammen ihre Beschwerden auf. Eine Delegation aus gewählten Bevollmächtigten sollte die Beschwerdeschrift nach Dresden zum Kurfürsten von Sachsen Friedrich August bringen. Bis zur Klärung sollte niemand Dienste leisten. Die Delegation brach am 13. August nach Dresden auf. Sie bestand aus Carl David Eichler, dem Bauern Gottlob Linke aus Dittersdorf, dem Häusler Johann Gottfried Lohse aus Erfenschlag und Carl Mehner aus Weißbach. Die Beschwerde wurde als Bittschrift am 15. August 1790 an den Landesherrn übergeben.

Parallel berichtete der Gerichtsdirektor Ritter der Regierung mit Schriftstück vom 16. August 1790 ausführlich über die Ereignisse. Seit dem 4. August seien keine Frondienste geleistet worden. Der Gutsherrschaft entstehe daraus erheblicher Schaden. Dorfschaften anderer nahegelegener Rittergüter folgten dem Beispiel. Er forderte von der Regierung das Eingreifen des Militärs.

Gerichtsdirektor Ritter erbat die Hilfestellung des zuständigen kurfürstlichen Amtsmannes zu Wolkenstein, der jedoch nur den Amtsfron schicken konnte. Am 24. August 1790 rief der Gerichtsdirektor unter Hilfestellung des Amtsfron die Dorfschaften zusammen. Es wurde ein Reskript von 1720 gegen `Auflauf und Tumult´ mit drakonischen Strafandrohungen sowie ein kurfürstliches Reskript vom 20. August 1790 kundgetan. Es scheint, dass der Kurfürst die Ansinnen der am 15. August 1790 übergebenen Bittschrift ablehnte. Der Gerichtsdirektor forderte die Untertanen der Herrschaft Weißbach-Dittersdorf auf, die Frondienste wieder aufzunehmen, Widerstand sei zwecklos und strafbar. Die Untertanen ließen sich jedoch nicht umstimmen. In den benachbarten Herrschaften waren zu dieser Zeit ebenfalls Unruhen ausgebrochen. In Nordsachsen hatten die Bauern zu dieser Zeit die Oberhand. Das Militär war noch anderweitig in Aktion, die Gesamtlage nicht entschieden.

Ein Umschwung ist jedoch auf den 28. August 1790 zu verzeichnen. Der Gerichtsdirektor hatte mit Unterstützung des herbeigerufenen Amtsmanns Hilbert erneut eine Versammlung einberufen und verhandelte mit den Delegierten der Dorfschaften. Diese sollten ihre Gemeinden unterrichten und bis zum 1. September 1790 Rückmeldung erstatten. Die Dorfschaften teilten nun mit, dass sie die alten Fronen und Dienste wieder erbringen, jedoch nicht für die beiden in Rede stehenden, hinzugekauften Hufengüter. Nach diesem Zugeständnis gewährte der Amtmann Hilbert den Aufrührern noch drei Tage Bedenkzeit, sämtliche früheren Verpflichtungen wieder auf sich zu nehmen. Die Zusagen wurden von den Dorfschaften schließlich erteilt. Zwischenzeitlich hatten sie anscheinend von dem Einsatz des Militärs in Nordsachsen und im Amt Chemnitz gegen die Bauern erfahren.

Gegen zwölf Untertanen wurde nach der Unterwerfung wegen Anstiftung und Rädelsführerschaft ermittelt. Carl David Eichler wurde mit zwei Monaten Zucht- und Arbeitshaus in Torgau bestraft. Weitere Personen konnten als Rädelsführer nicht dingfest gemacht werden. Nach einem Untersuchungsbericht vom 29. Dezember 1790 wies die Regierung die Einsiedelschen Gerichte in Weißbach-Dittersdorf an, die sämtlichen Angeschuldigten ernstlich zu ermahnen und diesmal von der Bestrafung abzusehen. 

Quelle: Strauß, Rudolph: Die Untertanen der Herrschaft Weißbach mit Dittersdorf und der Herrschaft Neukirchen bei Chemnitz im antifeudalen Bauernaufstand von 1790. - In: Sächsische Heimatblätter, Jg. 18 (1972), Heft 5, S. 229-311. 

So scheint der Bauernaufstand im Sande verlaufen zu sein. Der Gerichtsherr von Einsiedel selbst findet in dem instruktiven Aufsatz von Strauß im Rahmen des Aufstandes keine Erwähnung. Er scheint nicht anwesend gewesen zu sein. Jedoch sehen wir anhand der neu aufgefundenen Akte einen unerwarteten weiteren Verlauf im Verhältnis von Gutsherr und Untertanen. Zugleich werden die Hintergründe sowohl des Aufstandes von 1790 als auch der Geldablösung von Frondiensten im Interessengefüge beider Seiten deutlicher.

 

Der Eigenfund der Akte des Amtes Wolkenburg zu den Ereignissen 1793 in der Herrschaft Weißbach-Dittersdorf

Kurt Heinrich von Einsiedel hielt er sich im Frühjahr und Sommer 1793 zur Regelung von Angelegenheiten einige Zeit in seiner Herrschaft auf, um sodann schon wieder seiner militärischen Bestimmung nach Wien zu folgen, wie wir einem Bericht vom 11. August 1793 entnehmen können.

In der Zeit von Februar bis Anfang April 1793 schlossen Kurt Heinrich von Einsiedel und seine Untertanen Vereinbarungen (Rezesse) zur Klärung der gegenseitigen Rechte und Pflichten unter Ablösung von Frondienstleistungen der Untertanen durch Geldzahlungen. Abschriften davon wurden unter dem Datum des 6. April 1793 übermittelt. Die Untertanen ließen sich durch Syndici bzw. einen Juristen (Advokaten oder Amtsverweser) bei der Vertragsabfassung und -prüfung vertreten. Der Herr bediente sich des Beistandes der Richter seiner Herrschaft.

Die Gerichtsakte des Streitfalls von Kurt Heinrich von Einsiedel mit seinen Untertanen vor dem sächsischen Kurfürsten eröffnet uns zum einen Streitpunkte untereinander, aber zugleich auch diese besondere Vereinbarung zur Ablösung der Frondienste als persönliche Dienstbarkeiten durch Zahlungen in Geld. Zugleich erfahren wir von der damit zusammenstehenden inhaltlichen Begründung des Gerichtsherrn gegenüber dem Kurfürsten. Die kurfürstliche Administration sollte nach dem Antrag bzw. musste nach den Herrschaftsverhältnissen zur Wirksamkeit der Vereinbarung die Konfirmation erteilen.

Die Streitpunkte der Auseinandersetzung bezogen sich inhaltlich grundsätzlich und sodann im Hinblick auf die Niederschrift und Abschriften der gerichtlichen Vertragsbeurkundung u. a. auf Folgende:

- die Berechtigung der Untertanen (`Vergünstigung´) in ihren eigenen Waldungen im Sommer anstatt bis 6 Uhr nunmehr bis 8 Uhr abends verbleiben zu dürfen, also sicherlich ihre Arbeiten zu verrichten;

- die Beschränkungen der Schaftriften der Herrschaft auf Wiesen der Untertanen, die dort Klee als Futter für ihrer Tiere anbauen wollten;

- die Bestimmung der Grenzen der Zugviehweiden;

- die Bestimmung, ob die Untertanen (Bauern oder Häusler-Auszügler) bestimmte Geldabgaben bis zum 60. oder nunmehr bis zum 50. Lebensjahr zu entrichten hätten bzw. nunmehr dann davon befreit sind;

- die Frage, inwieweit die Untertanen auch bei Anwesenheit der Herrschaft zu Leichenwachdiensten - betreffend herrschaftliche oder auch die eigenen Leichen von Untertanen - verpflichtet sein sollen.   

In der Einrede des herrschaftlichen Richters wird darauf hingewiesen, dass nach dem Erbregister die sämtlichen Untertanen in den genannten Fällen einer Kurfürstlichen Konstitution und desgleichen bei Ausrichtungen zu Freude und zu Leid sowohl bei Anwesenheit, als auch bei Abwesenheit der Herrschaft auf Anforderung Wachdienste zu leisten haben.

Auf dem Rittergut Weißbach verrichten die Untertanen die Wache ohne Entgelt des Nachts und ebenso in den Dörfern auf Anordnung umsonst. Sie machen auch die Hecken-Tore zu. Wegen der Verlegung des Sitzes nach Dittersdorf komme dieser Fall praktisch nicht vor.

Auf dem Herrenhof zu Dittersdorf, auf der Bleiche, bei Flachs und Getreide wachen nur die Häusler und Hausgenossen. Bei der Wache für Getreide, Flachs und Bleiche erhalten sie des Nachts einen Groschen, bei der Wache auf dem Herrenhof zu Dittersdorf für die Wache Tag und Nacht zwei Groschen Lohn. 

Die Auslöser für die Auseinandersetzungen - die in eine solche Vereinbarung zur Umwandlung persönlicher Dienste (Hand- und Spanndienste) in Geldzahlungen mündete - bildeten u. a. folgende Fragestellungen:

- welche Dienste aller Art von den Hüfnern, Gärtnern, Häuslern und Hausgenossen an sich zu erbringen sind;

- inwiefern und in welchem Umfang die Gemeinde Weißbach bei ausgekauften Gütern die Gemeindeleistungen, die peinlichen Kosten (Kosten von Strafverfahren), die Hand- und Spanndienste generell und zu den geistlichen Gebäuden zu erbringen haben;

- was mit den Diensten in Dittersdorf auf ausgekauften Gütern zu Gemeindeanlagen, Baudiensten  zu geistlichen Gebäuden und peinlichen Kosten zu tun ist;

- was wegen Hand- und Spanndiensten auf die vor 20-30 Jahren zu Feld umgewandelten Flurstücke, des sogenannten Nassen Hahnes, des Alten Vogelherdes und eines Stück Landes, welches vorher Waldboden war, zu geschehen habe;

- was wegen Hand- und Spanndiensten auf einem Stück des Kemtauer Waldes, welches in Feld umgewandelt wurde,  zu geschehen habe;

- die Verwendung von Hand- und Spanndiensten in Dittersdorf, die zuvor zu Weißbach zu leisten waren, die Übertragung von Fronen, Abgaben und peinlichen Kosten;

- die Frage von Diensten zum Ausdrusch von Getreide auf ausgekauften Gütern und in den als Feld urbar gemachten Grundstücken; 

- dass der Pächter anstatt von nicht geleisteten Frontagen bare Bezahlung gefordert habe.

Die Untertanen meinten, dass der Gesindedienstzwang nur auf das ursprüngliche Feudum Weißbach, also nicht unumschränkt verlangt werden dürfe. 

Der Herr des Rittergutes sah sich in mehr als zwölf Streitpunkten kostspieligen und langwährenden Prozessen ausgesetzt. 

So führt Kurt Heinrich von Einsiedel an, dass das Verhältnis zwischen Herrschaft und Untertanen durch die Gerichtsstreitigkeiten auf unübersehbare Zeit gestört sei - wie durch eine Scheidewand getrennt. Die Denkungsart und der Wohlstand der Untertanen seien verdorben, wenn sie eine lange Zeit mit der Obrigkeit in Erbitterung und Streit liegen würden.

Er fühlte sich nach eigenen Angaben in diesem Zusammenhang bewogen, dem dringenden Verlangen seiner Untertanen auf Abwandlung der Naturaldienste, vor allem von Hand- und Spanndiensten und dem Gesindezwang, in eine gewisses jährlich zu entrichtendes Dienstgeld nachzugeben. Von einem Verlangen der Untertanen auf gänzliche Entsagung von Frondiensten ist nicht die Rede. 

Die Verhandlungen seien aus beiderseitigem Interesse nicht übereilt, sondern wohl abgewogen vorgenommen worden.

Die Gründe bestanden in Folgendem:

1. Die Dorfschaften Einsiedel, Erfenschlag und Reichenhain befanden sich 1 1/2 bis 2 Stunden von den Orten entfernt, an denen die Frondienstleistungen zu erbringen waren. Der Aufwand und die Mühseligkeit, um zum Ort der Frondienstleistung zu gelangen, sind demnach schon recht hoch. Sie müssten wegen dem langen Weg bzw. der höheren Abnutzung auf Wagen und Geschirr mehr Aufwand betreiben. Allein durch den weiten Weg sei der Fröner schon ermüdet, wenn er zur Arbeit ankomme. Er beginne und betreibe sie also noch nachlässiger und träger, als dies ohnehin schon bei Frondiensten geschieht. 

2. Die unentgeltliche Arbeit an Hand- und Spanndiensten werde überhaupt mit Unwillen verrichtet, nicht der nach der Sache gehörige und förderliche Dienst geleistet.

3. Der Anspänner bestelle die Fron nach der Erfahrung gewöhnlich mit kärglich genährten, kraftlosen Pferden. Ein Eigentümer verrichte dagegen bei einer Eigenbewirtschaftung mit der halben Zahl tüchtigen Zugviehs und halbem Arbeitsaufwand seine Arbeit in wesentlich besserem Maße.

4. Es kann praktisch überhaupt nicht verlangt werden, dass der Fröner sich und sein Gespann bei der unentgeltlichen Fronleistung so anstrenge, als er dies im eigenen Geschäft tun würde - zumal er seinen Fronherrn oft nicht einmal kennt. Bei entlohnter Arbeit würde er sich anders verhalten.

5. Der Fronherr selbst werde durch die spezielle Art von Frondienstleistungen an der Veränderung und Entwicklung seines Gutes (Kultivierung) behindert, weil die Fronen nicht auf andere Grundstücke und Gegenden, auf denen zuvor keine Frone zu erbringen waren, verlegt werden dürfen. So haben sich die Fröner geweigert, Gespann- und Handdienste auf neu nutzbar gemachte Grundstücke zu erbringen, da diese nicht im Erbregister der Frondienste eingetragen waren.

6. Die Pferde- und Handfronen, welche die hauptsächlichen Dienste seien, können zu jeder Zeit angesagt werden, selbst wenn der Fröner nach Zeit und Witterung selbst vollständig in seiner Wirtschaft zu arbeiten habe. Die Fröner werden durch die zu verlangenden, kurzfristigen Fronen in ihren eigenen Dispositionen und der Bewirtschaftung ihres eigenen Betriebes erheblich behindert. 

7. Die Arbeit des Fröners ist weniger fördernd, weniger gut als die auf der eigenen Wirtschaft, im eigenen Interesse. 

8. Der Fronbauer komme, wenn er keine persönlichen Frondienste leisten müsse, mit weniger Zugvieh aus und spare einen ansehnlichen Teil von Futter. Er könne eigene planmäßigere Wirtschaftseinrichtungen treffen und werde nicht durch unvermutete Leistungen für die Herrschaft in seinen eigenen Absichten gestört oder gehindert. 

9. Während ärmere Fröner die Frondienste selbst leisten müssten, wäre der Wohlhabendere gehalten für die Leistung der Frone ein Gesinde mehr anzustellen. 

10. Die Zahl der dienstpflichtigen Untertanen habe sich seit der Zeit der Errichtung des Erbregisters für die Frondienste - anscheinend ist ein solches vom 27. Juni 1699 gemeint - beträchtlich vermehrt, da die Anzahl der Feuerstellen  

in Weißbach von 63 auf 99;

in Dittersdorf von 50 auf 94;

in Kemtau von 17 auf 23; 

in Einsiedel von 54 auf 88;

in Erfenschlag von 17 auf 29;

in Reichenhain von 31 auf 70;

d. h. insgesamt von 232 auf 403 angestiegen sei.

Dieser Anwuchs sei jedoch nur wenig einträglich, weil die Dienstleistungen, insbesondere der Häusler, nun unter mehreren Personen verteilt würden, die Summe der im Erbregister bestimmten Dienste und die Art der Dienste jedoch keiner Veränderung dadurch unterlagen. Die Frondienste blieben also dem Umfang und Gegenstand nach gleich, obwohl mehr Personen zur Leistung zur Verfügung standen.

11. Für Dienste, deren Erbringung aktuell im Jahr nicht erforderlich sind, durfte keine Bezahlung in Geld verlangt werden.

Eine Ausnahme bestand darin, dass von einem neubauenden Häusler entweder ein Stück gesponnenes Garn oder 4 Groschen genommen werden durften. 

12.  Es gebe nach dem Erbregister Dienstleistungen, die nach dem Wert unerheblich, zum Teil mit barer Bezahlung oder Lieferung verbunden, auch solche die selten oder gar nicht nötig seien, wie zum Beispiel:

- Fuhren bei Krieg, wo die Untertanen die Möbel der Herrschaft in Festungen transportieren sollen, wobei Verpflegung den Leistenden gegeben werde;

- unentgeltliche Fuhren zur Mühle für die Herrschaft und das Gesinde auf dem Rittergut Weißbach und dem Vorwerk;

- das Räumen und Freihalten des Mühlgrabens, welches bloß die Handfröner zu leisten, schuldig seien; 

- Mühlsteinfuhren, wobei die Herrschaft die benötigte Fütterung an Hafer und Heu oder 20 Groschen Zehrung auf jede Fuhre entrichten soll;

- die Schneidemühl- und Klötzerfuhren;

- die Fischfuhren, die Häusler und Hausgenossen mit dem Schiebebock für 3 Groschen Lohn für die Meile verrichten sollen;

- die Anfuhren der Fütterung - welche jedoch auf die Zeit des Mangels eingeschränkt sei;

- das Schafscheren, wobei jeder Untertan für eine Schafschur 2 Denar empfange - dieser Dienst werde aber nicht verlangt, weil die des Schafscherens unerfahrenen Fröner, mehr Schaden beim Scheren anrichten;

- Hordenfuhren;

- Jagddienste - wobei dafür ein widerrufliches Entgelt entrichtet werden konnte; 

- die Ansagung der Fron- und anderer Dienste;

- das Mistladen und Ausbreiten;

- das Heckenhalten;

- das Schöbe und Seile machen, wobei die Häusler für das Stück Schöbe gebunden 3 Groschen empfangen sollen;

- das Hofsäumen;

- das Hopfenpflücken;

- die Ziegelscheunendienste, wobei die Untertanen für einen Schragen Holz viertellang zu schlagen 6 Groschen, für Lehm graben täglich 22 Groschen erhalten sollten;

- das Botschaftlaufen, wofür der Häusler und die Hausgenossen 2 Groschen für die Meile, und wenn der Botschaftende etwas trägt oder mit dem Schiebebock fährt 2 Groschen, 6 Denar die Meile, erhält. 

Baudienste seien bei einem etwaigen Niederbrennen der Wohn- und Wirtschaftsgebäude in Weißbach und Dittersdorf zu erbringen. Mit der Ablösung der Frondienste musste Herr von Einsiedel an das im Kurfürstlichen Sachsen bestehende Brandversicherungsinstitut fast die Hälfte mehr zahlen als bisher. Dies findet statt, obwohl sich die Fröner in der Ablösevereinbarung (Rezess) im Brandfalle gleichwohl verpflichteten

- ein jeder Anspänner einen Tag mit zwei Stück Zugvieh und einem Wagen;

- ein jeder Häusler und Hausgenosse einen Tag mit der Hand

Fron zu leisten.

Die wichtigen Dienstleistungen, die bei der Ablösung vor allem zu bewerten waren, bestanden in:

- Gesindediensten;

- Mist- und Düngerfuhren;

- Ackerarbeit;

- Heu- und Grummetdienste;

- das Säen;

- die Erntedienste bei Getreide;

- die Hanf- und Flachsdienste;

- das Spinnen, ein jeder verehelichter Untertan ein Stück Garn für 2 Groschen, ein jeder unverehelichter Untertan ein halbes Stück für 1 Groschen, entweder zu spinnen, oder dafür das Geld zu zahlen schuldig ist;

- die Kraut- und Rübenarbeit;

- das Dreschen, wobei der Drescher anstatt eines Geldlohns den 17. Scheffel Getreide erhält. 

13. Die Erbringung der Naturalfrondienste in Kriegszeiten, bei Viehseuchen und anderen öffentlichen Kalamitäten sei ungewiss und zweifelhaft. 

14. Nach der neuen Vereinbarung mit den Untertanen sollten jedoch 

- ein jeder neubauender Häusler jährlich einen Taler, anstatt des Garns oder der 4 Groschen; 

- ein jeder Bauer-Auszügler, wenn er vor dem 50. Lebensjahr seine Besitzung veräußert hat, jährlich 14 Groschen;

- ein jeder Häusler, wenn er vor dem 50. Lebensjahr sein Haus veräußert hat, jährlich 10 Groschen;

- ein jeder unverehelichter männlicher oder weiblicher Hausgenosse vom 21. Jahr an 7 Groschen

an die Gerichtsherrschaft als Abgabe schuldig sein.

Die Vereinbarung beinhaltete auch den Fall, dass ein Untertan von dem Abbrennen seiner Wohngebäude betroffen sein sollte. Die Abgaben werden ihm in dieser misslichen Situation für ein Jahr erlassen. 

15. Dem Fronherr komme es in der Bewirtschaftung nicht einfach auf die strikt und starr im Erbregister festgelegte Art und Anzahl der Dienste an, sondern darauf, dass solche ihm wirklich nützlich sind und seinem Bedarf entsprechen. Durch die Ablösung in Geld werde dieses Problem behoben. 

16. Durch den Wegfall der Frone als persönliche, unentgeltliche Dienstleistung werden die Untertanen in die Lage versetzt, sich einen besseren Wohlstand zu verschaffen. Es fällt damit eine Bedrückung durch die Frondienste weg, welche sich vor allem bei persönlicher Abwesenheit der Herrschaft ereigne. Davon würden die Beschwerdesachen in Kanzleiakten genügend Zeugnisse geben.

So fallen damit auch die  üblichen Klagen

- über die Erweiterung von Fronen,

- dass nicht geleistete Dienste bezahlt genommen würden,

- über die Angemessenheit der Leistungen auf ausgekauften Gütern,

- dass das Zwangsgesinde zu anderen als den herkömmlichen Arbeiten verwendet werde

hinweg.

17. Der arbeitsame Häusler und Hausgenosse, unter denen sich viele Handwerker befinden, werde weit williger sein Dienstgeld entrichten, als sich zur Handfrone ziehen und dadurch seine Arbeit und produzierende Kraft hemmen zu lassen. 

18. Die Begüterten seien nach Maßgabe des Erbregisters nach verschiedenen Sätzen schon vormals zu Geldabgaben verpflichtet gewesen, mancher mit 1 Taler 6 Groschen, andere mit 1 Taler 19 Groschen und wiederum andere mit 1 Taler, 10 Groschen, 6 Denar.

19. Durch die Regelung des Dienstentgeltes sei auch die Frage der Abgaben auf ausgekaufte Güter in Weißbach und Dittersdorf geklärt. 

20. Nach der neuen Vereinbarung ergebe sich die Geldleistung anstatt der persönlichen Dienstpflichten nach den wirtschaftlichen Werten eine Erhöhung wie folgt:

a) von der Hufe von 4 Taler, 12 Groschen auf 5 Taler;

b) von der dreiviertel Hufe von 3 Taler, 14 Groschen auf 3 Taler, 22 Groschen;

c) von der halben Hufe von 2 Taler, 10 Groschen auf 2 Taler, 20 Groschen;

d) von der viertel Hufe von 1 Taler, 18 Groschen auf 2 Taler.

Das ergibt:

ad a) bei 38 Ganzhüfnern 19 Taler;

ad b) bei 12 Dreiviertelhüfnern 4 Taler;

ad c) bei 45 Halbhüfnern 7 Taler, 12 Groschen;

ad d) bei 30 Viertelhüfnern oder ganzen Handfrönern 5 Taler;

insgesamt 35 Taler, 12 Groschen jährlich mehr an Dienstgeld. 

Der Gutsherr bemerkt sodann, dass er aus seiner gesamten Herrschaft jährlich 605 Taler Dienstentgelt von den Begüterten, Häuslern und verehelichten Hausgenossen erhält, zuzüglich der jährlichen Abgaben der Auszügler. 

Gleichwohl seien die Untertanen aus den bereits benannten Gründen des eigenen besseren Wohlstandes, des Wegfalls der Bedrückung, des Wegfalls des Zwangsgesindedienstes damit sehr wohl zufrieden.

Dies zeige sich auch dadurch, dass mit der Vereinbarung binnen einen Jahres 10 neue Häuser gebaut wurden.

Diese Verbesserung auf Seiten der Untertanen geschehe, obwohl die Städte Zschopau und Chemnitz, in denen man sich verdingen könne, bis zu 1 Stunde bzw. eine 3/4 Stunde Wegstrecke entfernt liegen. Zugleich scheint mit dieser Vereinbarung die Berechtigung der Frondienstleistenden auf Holzbezug von der Herrschaft weggefallen zu sein, denn der Gutsherr argumentiert mit den höheren Holzpreisen auf dem allgemeinen Markt in Zusammenhang mit einem allgemeinen Holzmangel und ansteigender Population und demzufolge einem größeren Holzbedürfnis. Trotz dieser höheren Holzpreise seien die Untertanen diese Vereinbarung eingegangen.

Die Argumente zur Ablösung der persönlichen Dienstleistungen, also der Frondienste, durch eine Geldzahlung seien auf die eigene Kenntnis der Beschaffenheit und Situation der Untertanen, durch die gesammelten Erfahrungen des Gutsherrn sowie im Rahmen der Beiziehung des Rates und der Prüfung durch einen unparteiischen Ökonomen gegründet.

 

Quelle: SächsStAC, Bestand 30021, Amt Wolkenstein (Jusitz- und Rentamt), Nr. 633: Kurt Heinrich von Einsiedel gegen seine Untertanen aus Weißbach, Dittersdorf pp. wegen Frondienstverweigerung.

Ersttext 13.05.2015; Ergänzungen 22./23.07.2015, 20.08.2015 und 1.9.2019

Literaturempfehlungen:

Schmidt, Hellmuth: Die sächsischen Bauernunruhen des Jahres 1790. Meißen 1908

Stulz, Percy/ Opitz, Alfred: Volksbewegungen in Kursachsen zur Zeit der Französischen Revolution. Verlag Rütten & Loening, Berlin 1956

Wagner, Michael: Der sächsische Bauernaufstand und die Französische Revolution in der Perzeption der Zeitgenossen. - In: Berding, Helmut (Hrsg.): Soziale Unruhen in Deutschland während der Französischen Revolution. Göttingen 1988, S. 148-165

 

Quellenergänzungen:

Der Pfarrer von Weißbach-Dittersdorf schreibt zu Situation von 1790:

"Man brachte Beschwerde ein über den letzten Curt Heinrich v. Einsiedel oder vielmehr über seinen Pächter Philipp und den Verwalter Frosch. Es seien 1699 andere Zeiten gewesen als nun. Die Vorfahren waren unwissende Leute und konnten weder lesen noch schreiben. Jetzt sei alles teuer. Sie müßten mehr Zinsgetreide schütten. Es sei viel Waldboden urbar gemacht worden, daher auch mehr Frondienste. Es werde bei Mißwachs nichts nachgelassen. Das Brot sei teuer geworden, aber nicht der Lohn an 22 Pfennig täglich. Um 2 bis 3 Uhr müßten sie aufstehen und kämen erst nachts 12 Uhr nach Hause. Sie könnten auch Schafe hüten, kraft der natürlichen Freiheit. Eine Magd bekommt 2 Taler 18 Groschen im Jahre. Das sei zu wenig. Sie müssen auch noch täglich einen Groschen der Herrschaft erspinnen und ein eigenes Rad halten. Und kann sie es nicht, so muß sie den Groschen bezahlen. Sie würden unmenschlich und barbarisch behandelt ... Seit 30 Jahren seien sie von der Herrschaft verlassen und der Willkür der Pächter ausgesetzt. Die Pächter hätten sich selbst Rittergüter von ihrem blutsauren Schweiß erworben."

Der Einsiedelsche Gerichtsverwalter zu Dittersdorf Friedrich Richter berichtet am 16. August 1790 an den Kurfürsten von Sachsen:

"Der Pächter vom Rittergut Weißbach samt Dittersdorf Gottlieb Philipp heit am 4.8. die Bauern von Reichenhayn zum Brachdienst. Sie kamen aber nicht. Man schickte ein Pro Memoria zum Lehnrichter Eichler daselbst. Der antwortet, die Bauern seien entschlossen, nicht mehr zu Hofe fahren und gehen zu wollen. Dasselbe erklärten auch die Bauern, die am 6.8. ins Lehngericht geladen waren: Sie wollten weder spannen noch Handdienste leisten, weil sie bis gegen Weihnachten kaum Brot für sich und Futter fürs Vieh hätten.

Sie hatten am 5.8. überall in den Gerichten der fünf Dörfer Versammlungen und machten alles aus.

Die Reichenhayner waren am 7.8. in ihr Lehngericht geladen. Sie kamen, auch der Pächter Philipp und Abgeordnete aus den anderen Dörfern. Sie sollten die Namen der Gegenwärtigen angeben und ihre Notdurft vorbringen. Da gab es ein Schreien und Getöse der Bauern. Sie wollten ihren Namen nicht zum Registrieren angeben. Sie stünden alle für einen Mann! Unter Lärm liefen sie aus der Stube in den Hof. Sie wollten keine Dienste mehr machen aus folgenden Gründen:

1. Es wäre Mißwachs an den Feldfrüchten. Sie seien arm und müßten ihr Brot verdienen suchen. Vieh und Gesinde seien ermattet.

2. Hofmeister Frosch zu Weißbach habe ihre Frohnen und Dienste sehr vermehrt. Sie hätten nur mattes Vieh und Gesinde. Die könnten es nicht leisten. Das Rittergut hätte wüste Güter an sich genommen und verlange Dienste darauf ...

Lediglich rührt alles von Reichenhayn, weil sie erfahren und gelesen haben in Zeitungen, daß in anderen auswärtigen Ländern, sowohl als auch besonders in hiesigen Landen verschiedene Untertanen sich ihrer Gerichtsobrigkeit und Herrschaft widersetzt. Ich habe erfahren, daß auch die Untertanen der Rittergüter Venusberg und Drebach dieses böse Exempel nachgeahmt. Man bittet um Hilfe und Verhaltungsmaßnahmen."

- Pietzonka, Johannes: Der Wildschütz Karl Stülpner, Legende und Wirklichkeit, Leipzig 1988 (2. Auflage), S. 35-36 -